Christoph Görtz

ChristophIch möchte Ihnen den Teil meiner Geschichte, der für Sie möglicherweise von Interesse ist, mit einigen Zeitsprüngen statt in chronologischer Reihenfolge erzählen.

Die Auseinandersetzung mit Bewegung zieht sich als roter Faden durch mein Leben.
Während der ersten dreißig Jahre (geb. 1956) betrachte ich meinen Körper vorwiegend als eine Art störrisches Vehikel, welches ich mittels Willenskraft, Zähigkeit und Härte gegen mich selbst dazu bringen muss, einigermaßen akzeptabel zu funktionieren.

Höhepunkt dieser Entwicklung ist sicher mein Sportstudium an der Sporthochschule Köln. Bereits in der ersten Studienwoche teilen mir unabhängig voneinander vier Dozenten mit, dass sie mich fürs Sportstudium als ungeeignet ansehen und ich mir meinen Entschluss doch bitte nochmal überlegen solle. Obwohl ich ihre Einschätzung, ungeeignet zu sein, teile, weigere ich mich, von vornherein aufzugeben, da ich vor dem Aufgeben sicher sein will, alles versucht zu haben. 1983 habe ich nach langem Kampf nicht nur ein recht passables Diplom in der Tasche, sondern finde auf Anhieb eine Anstellung als Tischtennistrainer im Württembergischen Tischtennisverband. Dies ist mein Traumberuf!

Als Kind und Jugendlicher leide ich darunter, in sportlichen Leistungen aller Art Gleichaltrigen meist unterlegen zu sein. Oft hadere ich mit meinem Schicksal, als Folge einer Erkrankung im Säuglingsalter, mich nur zögerlich, ängstlich und steif bewegen zu können. Tischtennis ist die einzige Sportart, in der ich so einigermaßen mithalten kann. Bereits als Achtzehnjähriger übernehme ich das Jugendtraining meines Heimatvereins mit großem Elan und einigem Erfolg.

Obwohl meine spielerischen Leistungen immer eher im Mittelfeld anzusiedeln sind, bin ich in Württemberg plötzlich angesehener Trainer sehr guter Spieler. Drei Jahre später übernehme ich das Training einer Bundesligamannschaft und glaube mich nun endgültig am Ziel meiner Wünsche.

Um so entsetzter stelle ich fest, dass mein Interesse am Leistungssport mit jedem Erfolg meiner Spieler abnimmt. Die Attraktivität scheinbar unerreichbarer Triumphe hat mich immer gelockt. Der reale Erfolg ist schön am Tag des Geschehens, hinterlässt danach aber hauptsächlich Leere.

Ich kündige meinen Job und mache mich auf die Suche nach neuen Aufgaben, von denen ich nur sehr verschwommen weiß, dass sie mit Bewegung zu tun haben und mehr den ganzen Menschen betreffen sollen und nicht nur den Leistungsaspekt wie dies im Spitzensport der Fall ist. Ich reise viel, nehme mir Zeit, mit Menschen zu reden, besuche Vorträge und Seminare der verschiedensten Art, verschlinge jede Menge Bücher, immer in der Hoffnung, etwas für mich Passendes zu finden.

Als mir innerhalb weniger Tage mehrmals geraten wird, es mal mit Feldenkrais zu versuchen, melde ich mich sofort für ein Wochenende an. Am ersten Tag bin ich noch etwas skeptisch. Als aber am zweiten Tag Leben in mein linkes Handgelenk kommt, welches vorher, als eine Art Tribut an mein Sportstudium, nahezu steif ist, mischt sich in die große Freude über mein Handgelenk eine ganz tiefe Zuversicht und Sicherheit, dass meine Suche beendet ist.

Nach drei weiteren Wochenenden steht mein Entschluss fest und ich beginne einige Monate später meine Feldenkrais-Ausbildung in Malmö/ Schweden, welche sich über vier Jahre erstreckt. Ich lerne in einem mir bisher völlig unbekannten Ausmaß, meinen Körper, meine Bewegungen und meine Beweglichkeit zu verändern. Was aber noch wichtiger ist, ich höre allmählich auf, meinen Körper als Gegner zu betrachten, dem jede Veränderung durch Härte abzuringen ist und ihn statt dessen als Teil von mir zu begrüßen, der
freudig die Veränderung meiner inneren Haltung mitvollzieht.

Nach etwa der Hälfte der Ausbildung erleide ich bei einem Sturz sehr schlimme Nackenverletzungen, welche etwa zwei Jahre lang nahezu ununterbrochene Schmerzen zur Folge haben. Sind vorher alle Lernschritte, die ich in der Feldenkrais-Methode unternehme, von bleibender Natur, so folgt nun nahezu auf jeden kleinen Fortschritt scheinbar ein Rückschritt. Ich lerne die Bedeutung der Worte „Geduld“ und „Beharrlichkeit“ mit neuen Inhalten zu füllen und es gilt, manch verzweifelte, schlaflose Nacht zu überstehen. Je mehr Licht ich im Laufe der Jahre am Ende des Tunnels erblicke, desto mehr reift in mir die Erkenntnis heran, eine für meinen heutigen Beruf äußerst wertvolle Erfahrung gemacht zu haben.

Von 1993 – 1995 arbeite ich als Feldenkrais- und Sportlehrer in einer psychosomatischen Klinik, in der mir bald der Ruf vorauseilt, ein Mensch großer Geduld, Gelassenheit und Einfühlungsvermögen zu sein, was ohne die Erfahrung der Heilung meiner Nackenverletzung sicherlich nicht in dieser Form der Fall gewesen wäre.

Seit 1995 arbeite ich in freier Feldenkrais Praxis, zunächst in Paderborn, später in Bad Lippspringe und seit 2000 in Schlangen. Aus der Gewissheit heraus, meine derzeitige Berufung gefunden zu haben, macht es mir in aller Regel großen Spaß, Menschen in Ihren Lernprozessen zu unterstützen.

2005 schließe ich eine Ausbildung als Trauma-Therapeut (Somatic Experiencing nach Dr. Peter Levine) ab. Nach Erwerb der Heilpraktiker-Lizenz für Psychotherapie im selben Jahr beginne ich, Einzelstunden in Trauma-Therapie anzubieten. Diese Arbeit harmoniert hervorragend mit der Feldenkrais-Methode (s. Kapitel “Traumatherapie”). Heute kommt es häufig vor, dass Klienten zwischen Stunden in beiden Verfahren wechseln.

Seit 2017 nehme ich an einer Weiterbildung in “Dynamischer Cranio-Arbeit” teil, welche ich in 2020 abgeschlossen habe. Auch diese Methode ergänzt mein “Handwerkszeug” als weitere Möglichkeit, Menschen darin zu unterstützen, im Fluss ihrer Lebenskraft zu sein oder dort wieder hinzukommen.